MEEDIA

Marketing

*Von Florian Hennhöfer und Michael Weber*

Agilität oder auch agiles Arbeiten gehört zu den viel genutzten Buzzwords der letzten Jahre. Doch viele sind sich weder darüber im Klaren, welcher Sinn sich hinter dem Begriff verbirgt, noch wo dessen Ursprung liegt. Bevor wir die Chancen und Herausforderungen im agilen Projektmanagement samt Tools aufzeigen, gilt es zu klären, was wir unter Agilität verstehen, denn schließlich sind entsprechende Methoden mittlerweile zur gängigen Praxis in vielen Unternehmen geworden.

##### Die Gebote der Stunde: Schnelligkeit, Anpassungsfähigkeit und Zielorientierung

Die Digitale Transformation ist, neben Technologieeinsatz, vor allem von Schnelligkeit geprägt. Ähnlich sieht es bei der Agilität aus: Sie bezeichnet die Fähigkeit eines Unternehmens, sich ohne größere Probleme schnell auf neue Anforderungen einzustellen. Das Ziel besteht darin, proaktiv auf sich verändernde Situationen einzugehen und nicht nur darauf zu reagieren. Doch Anpassungsfähigkeit allein macht Organisationen noch lange nicht agil – Geschwindigkeit spielt eine wesentliche Rolle.

Anders als häufig postuliert, kommt das Grundgerüst der Agilität interessanterweise nicht aus der Softwareentwicklung, sondern es wurde bereits in den 1950er Jahren von dem US-Soziologen Talcott Parsons als systemtheoretisches Modell mit dem Namen „AGIL“ entwickelt. Zur Jahrtausendwende entdeckte die Softwareentwicklung agile Methoden für sich und etablierte diese in einem bis heute viel zitierten „Agile Manifest“.

AGIL steht für:

1.  Adaption: die Fähigkeit, sich anzupassen
2.  Goal Attainment: die Fähigkeit, das Ziel nicht aus den Augen zu lassen, Zielorientierung (Purpose) dient als Triebfeder
3.  Integration: die Fähigkeit, die agilen Elemente einer Organisation zusammenzuhalten
4.  Latency: die Fähigkeit, das agile Konzept aufrecht zu erhalten

Gerade in großen, traditionell geprägten Unternehmen wurde der Agile-Ansatz lange Zeit belächelt und meist mit Softwareentwicklung in Verbindung gebracht. Der eigentliche Mehrwehrt, den die Agilität für ganze Organisationsstrukturen mit sich bringt, wurde lange Zeit nicht erkannt. Dies hat sich inzwischen grundlegend geändert: Längst haben sich agile Ansätze zum Management-Megatrend entwickelt und die Unternehmen weltweit versprechen sich davon mehr Flexibilität, Cultural Change, ein neues und interdisziplinäres Arbeiten und natürlich einen Kundennutzen samt Mehrwehrt, den jedes Unternehmen oder jeder Geschäftsbereich für sich selbst definiert. Damit Agilität innerhalb einer Organisation jedoch funktioniert, sind agile Werte, agile Prinzipien, agile Praktiken und agile Methoden notwendig – die nur in Kombination ihre Wirkung voll entfalten können.

![](https://wp.meedia.de/wp-content/uploads/2022/08/Florian_Hennhoefer_Michael_Weber_CR_Efecte_Serview-1024x576.jpg)
*Florian Hennhöfer (l.) ist ITSM-Experte und Produkt-Evangelist bei Efecte und Michael Weber, Head of Digital Solutions bei Serview – Foto: Serview und Efecte*

##### Agile Methoden: Scrum, Design Thinking und Kanban

Scrum ist eine agile Entwicklungsmethode und steht für die meistgenutzte Form agilen Arbeitens in Organisationen. Die Arbeit wird dabei in Iterationen, sogenannten Sprints, organisiert. Dieser dauert eine bis maximal vier Wochen. Eine priorisierte Liste mit Anforderungen steht am Anfang eines jeden Sprints – der sogenannte Product-Backlog. Anhand dessen zieht sich das agile Team mit Blick auf die Prioritäten so viele Anforderungen, wie es erfahrungsgemäß in einem Sprint umsetzen kann. Scrum selbst versteht sich vornehmlich als ein Framework und schafft damit die Rahmenbedingungen für agiles Arbeiten.

Design Thinking ist hingegen eine systematische Vorgehensweise an komplexe Problemstellungen. Die Königsdisziplin besteht darin, die richtige Fragestellung, beziehungsweise die korrekten Anforderungen in einem Projekt zu identifizieren. Bei der Zusammensetzung eines Design-Thinking-Teams wird unter anderem strikt auf unterschiedliche fachliche Disziplinen geachtet.

Die dritte Methode heißt Kanban und klingt ähnlich geheimnisvoll wie Scrum und Design Thinking. Diese Methode ist jedoch keineswegs neu. Sie wurde bereits den 1940er Jahren von Toyota entwickelt, weil der Autobauer damals seine Fertigungsprozesse in einen gleichmäßigen Rhythmus bringen und die Lagerbestände reduzieren wollte. Die Methode erinnert an klassische Techniken, wie das Arbeiten mit Notizzetteln, die Nutzung von Metaplanwänden oder Whiteboards, die schon vor Jahren immer beliebter wurden und heute eine Renaissance erleben. Wie bereits das AGIL-Modell, wurde Kanban Jahrzehnte später von Software-Entwicklern adaptiert. Mit dieser Methode lassen sich Arbeitsschritte und Workflows unkompliziert in ein übersichtliches Schema einfügen, strukturieren und sichtbar machen – Stichwort Transparenz. Aufgaben werden in kleinen Schritten nacheinander abgearbeitet, bevor neue angenommen werden. Kanban lässt sich leicht in bestehende Abläufe einbauen, auch neben Scrum.

##### Unzertrennlich: Agilität und New Work

In der agilen Arbeitsweise geht es maßgeblich um Transparenz, Zusammenarbeit und Selbstorganisation. Außerdem gilt es, Dinge auszuprobieren und viel miteinander zu kommunizieren, ohne das vorher gesteckte Ziel aus den Augen zu verlieren. Transparenz bedeutet, die Kolleginnen und Kollegen an meiner Arbeit teilhaben zu lassen. Dinge auszuprobieren bedeutet, gemeinsam Konzepte zu erforschen. Sich selbst zu organisieren bedeutet, eine kontinuierliche Abstimmung mit Mitarbeitenden und Wege finden, um gemeinsam herauszufinden, wie Arbeiten am effektivsten und effizientesten erledigt werden können. Das alles bedeutet vor allem viel miteinander zu interagieren, zu kommunizieren, Probleme offen anzusprechen und gemeinsam zu lösen.

Durch die Pandemie mit ihren Lockdowns haben agile Arbeitsmethoden einen Push bekommen. Unterstützend waren hier die schnelle (!) Weiterentwicklungen bei Videokonferenzsystemen (z.B. Zoom oder Microsoft Teams, Skype oder WebEx), Systemen zur Pflege von Anforderungen (z.B. Jira und Trello) oder auch die gemeinsame Arbeit über virtuelle Whiteboards (z.B. Miro und Mural). Insbesondere bei digitalen Tools ist es gleich, ob man im klassischen Büro oder im Home-Office oder hybrid arbeitet.

##### Herausforderungen erkennen und benennen

Auch, wenn sich im Abflauen der Pandemie die Büros wieder füllen, digitale Werkzeuge werden die agile Arbeitsweise auch künftig weiter bereichern und sie werden ständig weiterentwickelt. Die für die jeweilige Organisation passenden Methoden entscheiden über den Erfolg oder Misserfolg von Projekten – und dienen letztendlich auch der agilen Weiterentwicklung der gesamten Organisation. Passt sie nicht zu den Anforderungen und Rahmenbedingungen, sind kritische Projektsituationen wie Budgetüberschreitungen, Kommunikationsprobleme und Verzögerungen die Folge. Eine große, aber auch spannende Herausforderung stellen hierbei hybride Projektmanagement-Methoden dar. Sie sind zwar auf den ersten Blick komplex und fordernd aber auch enorm anpassungsfähig, denn sie schaffen Verknüpfungen zwischen klassischen und agilen Methoden. Ein Steuerungsmodell mit klaren Verantwortlichkeiten bildet hier den übergeordneten Stabilitätsrahmen, damit flexibles Arbeiten und eine starke Kommunikation in und zwischen den Teams sichergestellt wird.

##### Fazit: Agilität erfordert Konsens

Agiles Arbeiten mit Kanban und Co. ist kein Hexenwerk, doch steht und fällt der Erfolg der Methodik mit den agilen Werten, denn diese sind das Herz agiler Teams und Organisationen. Führungskräfte sind gefordert, einen eigenen Zugang und organisationsspezifische Formulierungen zu finden und diese mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu teilen. Kleine Unternehmen können sich noch relativ schnell an veränderte Arbeitsmethoden anpassen. Doch gerade in großen Unternehmen sind Veränderungen dieser Art kein Sprint, sondern eher ein Marathon. Unternehmenslenker müssen dafür sorgen, dass deren Sinn und Zweck agiler Arbeitsmethoden verstanden und eine möglichst breite Akzeptanz erreicht wird. Ein möglicher Auftakt könnte ein „Agile-Botschafter“ sein, der verantwortliche Manager aus Fachabteilungen frühzeitig ins agile Boot holt.

Das steckt hinter dem Buzzword vom agilen Arbeiten