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Wochenrückblick

Das verstörende Journalismus-Verständnis von "Zeit"-Herausgeber Josef Joffe

"Zeit"-Herausgeber Josef Joffe offenbarte in einem Brief, der jetzt öffentlich gemacht wurde, ein verstörendes Verhältnis zum Enthüllungsjournalismus seiner eigenen Zeitung. Die Bahn präsentierte den "ersten weiblichen ICE". Und RTL hat sein Chefredakteurs-Kuddelmuddel sortiert. Die MEEDIA-Wochenrückblick-Kolumne

Stefan Winterbauer13.05.2022 13:26

Der Vorgang, über den der "Spiegel" in Ausgabe 19/2022 recht knapp berichtete, liest sich abenteuerlich. "Zeit"-Herausgeber Josef Joffe soll im Zusammenhang mit einem "Zeit"-Artikel zum Cum-Ex-Skandal einen befreundeten Banker vor der Berichterstattung gewarnt und dafür gesorgt haben, dass die Veröffentlichung verschoben wird. Der Cum-Ex-Skandal ist eine der größten Enthüllungsgeschichten im Wirtschaftsjournalismus überhaupt. Ganz grob geht es darum, dass Banken sich Steuer-Rückerstattungen haben mehrfach geben lassen. Damit wurde der Staat um Milliarden betrogen. Das Verfahren basierte auf einer Gesetzeslücke, die dann geschlossen wurde. Mittlerweile ist dieses Gebaren illegal. Laut "Spiegel" hat Joffe damals einen Brief an einen Freund, den Bankchef Max Warburg von der gleichnamigen Hamburger Privatbank, geschrieben. Im Brief geht Joffe darauf ein, dass er den Banker gewarnt habe, dass "was in der Pipeline steckte". Gemeint war die Berichterstattung in der "Zeit". Er, Joffe, habe interveniert und dafür gesorgt, dass der Artikel "geschoben wurde und die Bank Gelegenheit erhielt, Widerrede zu leisten". Dem "Spiegel" ließ Joffe ausrichten, er habe der Redaktion nur geraten, "der Warburg Bank eine Gelegenheit zu geben, sich zu äußern". Oliver Schröm, der damals an der Berichterstattung für das NDR-Magazin "Panorama" und der "Zeit" beteiligt war, sorgte auf Twitter für Transparenz, indem er den Brief Joffes einfach mal öffentlich machte.

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