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Krieg in der Ukraine

Wie russische Desinformation in deutsche Medien kommt

Genauigkeit in der Sprache ist wichtig – das gilt im Journalismus jetzt noch mehr als in friedlicheren Zeiten. Ein Blick in die deutschen Medien zum Einmarsch in die Ukraine zeigt, dass es noch viel zu tun gibt.

Tobias Singer24.02.2022 15:02
Genauigkeit in der Sprache ist wichtig – das gilt im Journalismus jetzt noch mehr als in friedlicheren Zeiten. Wer den Angriff auf die Ukraine als "Militäroperation" bezeichnet, der übernimmt die Sprachregelung aus dem Kreml und damit auch die Sichtweise des Kremls. Die Anführungszeichen sind der mindeste Abstand dazu, den man als Medium leisten können sollte –
Genauigkeit in der Sprache ist wichtig – das gilt im Journalismus jetzt noch mehr als in friedlicheren Zeiten. Wer den Angriff auf die Ukraine als "Militäroperation" bezeichnet, der übernimmt die Sprachregelung aus dem Kreml und damit auch die Sichtweise des Kremls. Die Anführungszeichen sind der mindeste Abstand dazu, den man als Medium leisten können sollte – Foto: Screenshot Google

"Ein furchtbarer Tag für die Ukraine und ein düsterer Tag für Europa", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz in seinem Statement vor der Hauptstadtpresse. Und, leider muss auch das gesagt werden, es ist eine düstere Zeit auch für die Presse selbst. Das erste Mal wurde das heute morgen beim Einschalten des Deutschlandfunks klar, als in den Nachrichten von einer Militäroperation die Rede war. Militäroperation. Der Einmarsch in Ukraine. Die Sprachwahl macht sprachlos. Eine schnelle Recherche ergab, woher diese Bezeichnung stammt: "Ich habe beschlossen, eine Sonder-Militäroperation durchzuführen." Wer hat’s gesagt? Russlands Präsident Putin war's, in seiner Fernsehansprache. Schaut man, was Google zum Stichwort "Militäroperation" noch zu bieten hat, dann wird schnell klar, dass einige Medien, vom "Spiegel", über BR24 bis "T-online" den Duktus übernommen haben. Manche setzen das Wort in Anführungszeichen, um die Distanz klar zu machen, andere verzichten darauf. Dafür schrieben "T-Online" und Deutschlandfunk in ihren Beiträgen, dass Putin den "Einsatz" "genehmigt" habe. Wer den Angriff auf die Ukraine als "Militäroperation" bezeichnet, der übernimmt die Sprache aus dem Kreml und damit auch die Sichtweise des Kremls. Die Anführungszeichen sind der mindeste Abstand dazu, den man als Medium leisten können sollte, aber sie reichen bei weitem nicht aus.

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