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Wochenrückblick

Was der WDR im Fall Nemi El-Hassan falsch gemacht hat

Christian Drosten übt sich erneut in Medienkritik. Nemi El-Hassan rechnet in der "Berliner Zeitung" mit dem WDR im Speziellen und der deutschen Öffentlichkeit im Allgemeinen ab. RTL eröffnet einen digitalen Gemischtwarenladen und Dieter Hallervorden singt gegen das Gendern an. Die MEEDIA-Wochenrückblick-Kolumne.

Stefan Winterbauer05.11.2021 13:22

Corona hier, Corona da. Das Virus bleibt uns auch als Thema wohl noch ein bisschen erhalten. Deutschlands Ober-Corona-Erklärer C. Drosten durfte diese Woche die Laudatio für den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preisträger halten und übte sich dabei einmal mehr in Medienkritik. „Darf es in den Unterhaltungsformen des Journalismus ein ‚Teile und Herrsche‘ geben, also das Teilen von Meinungen zur Beherrschung eines Marktanteils?“, fragte Drosten. Er kritisierte die üblichen Zuspitzungen in den Medien und forderte die Zunft auf, eine "Nachbesinnung" der Corona-Krise zu betreiben, wie auch Politik und Wissenschaft. Richtig, richtig, was der Top-Virologe da sagt. Und gut, dass er Politik und Wissenschaft mit einbezieht. Fehler wurden und werden nämlich auf allen Seiten gemacht. Dass die Fehler-Kultur im Journalismus stark zu wünschen übrig lässt, ist leider bekannt. Aber auch bei der Wissenschaft gibt es bisweilen in Sachen Kommunikation einen gewissen Nachholbedarf. Meiner Beobachtung nach kommunizieren Wissenschaftler häufig mit subtilen Einschränkungen. Hier wird ein Konjunktiv gesetzt, dort ein "könnte" oder es wird mit Wahrscheinlichkeiten operiert. Journalisten waren aber schon immer rasend schlecht im Verarbeiten solcher Marker. Der gemeine Journalist setzt im Regelfall eine hohe Wahrscheinlichkeit mit absoluter Sicherheit gleich und ist dann beleidigt, wenn dann die 20-Prozent-Regenwahrscheinlichkeit doch dazu führt, dass er nass wird. Drosten hat das mittlerweile gelernt und formuliert in der Öffentlichkeit viel vorsichtiger als am Anfang der Pandemie und meistens mit ganz vielen expliziten Einschränkungen, gleichsam antizipierend, was die Medien da sonst wieder daraus machen könnten. Wenn jetzt auch wir Medienheinis ein bisschen weniger zuspitzen und mehr zuhören würden, dann hätte die Pandemie wenigstens in kommunikativer Hinsicht einen positiven Effekt gehabt. Den Friedrichs-Preis hat übrigens der Filmregisseur Carl Gierstorfer für die Doku-Serie "Charité intensiv – Station 43" erhalten. Die Serie zeigt die Arbeit auf der Intensivstation der Berliner Universitätsklinik im Corona-Winter 2020/21 und ist in der ARD-Mediathek noch zu sehen. Lohnt sich!

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