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Rützels Scharmützel

Nachts im No-front-Nirvana

Ein erhöhter Konsum von Youtube-Videos während der Corona-Nächte hat mich endgültig zur ältlichen Tante gemacht

Anja Rützel12.06.2020 06:34
Anja Rützel –
Anja Rützel – Illustration: Bertil Brahm

Letzte Woche habe ich mit Jugendlichen gesprochen. Ich musste – es war trotz meiner großen Hingabe an das Prinzip der Menschendistanz leider unumgänglich – ein paar Stationen mit der U-Bahn fahren. Die meisten Mitpassagiere waren vorschriftsmäßig atemwegsvermummt, nur zwei männliche Halbwüchsige hatten ihre Maske heruntergezogen, als handele es sich um einen Kinn-BH. „Könnt ihr die bitte richtig aufsetzen?“, bat ich sie, und schob ganz automatisch ein entschuldigendes „no front“ hinterher, was bei jüngeren Menschen so viel bedeutet wie: ist nicht böse gemeint. Ohne Widerworte zuppelten die beiden ihre Masken zurecht, und ich redete mir ein, dass sie beeindruckt waren, weil ich, obwohl in ihren Augen quasi eine Greisin, so flüssig ihre Sprache spreche.

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