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Ein Hut macht Karriere: Wie sich Medien und Social Web am „Hutbürger“ von Sachsen abarbeiten

Das Social Web witzelt über den "Hutbürger" in Sachen
Der Pegida-Demonstrant, der am Samstag ein Kamera-Team des ZDF an Dreharbeiten hinderte, muss im Social Web jede Menge Spott ertragen. Inzwischen hat der „#Hutbürger“ sogar einen eigenen Hashtag. Die taz macht in der aktuellen Ausgabe mit dem Deutschland-Hut auf, bei Twitter gibt es das passende Karnevalskostüm und kreative Bild-Montagen.
Wäre das Thema nicht so ernst, man könnte eine Komödie daraus drehen: Ein Pegida-Demonstrant mit einem Angler-Hut in schwarz, rot, gold hat am Samstag in Sachsen lautstark einem Kamera-Team des ZDF gedroht. Mehrmals rief er in die Kamera: „Hören Sie auf, mich zu filmen, Sie begehen eine Straftat“. Außerdem verständigte er die Polizei, welche die Journalisten 45 Minuten lang an den Dreharbeiten hinderte.
Wie sich später herausstellte: Der Mann arbeitet beim LKA in Sachsen. Eine bittere Ironie, die das Social Web zum Anlass nimmt, sich über den „LKA-Pöbler“ lustig zu machen.
Unter dem Hashtags #Hutbürger und #Pegizei verewigen die Twitter-Nutzer den Pegida-Mann im Netz. Die passenden Outfit-Vorschläge für die nächste Karnevalsparty inklusive:
Ihr wollt der coolste Boy in Eurer #LKA-WhatsApp-Gruppe sein? Dann holt Euch hier das exklusive #Mützenmann-Outfit für Euren Rage-Spätsommer! #Pegizei #Sachsen #Innenministerium pic.twitter.com/M2pJINtyXM
— OREO 💎 @Gamescom (@OrestisSke) 22. August 2018
Auch Verkaufsportal eBay hat das Outfit des Pegida-Demonstranten für sich entdeckt und wirbt mit dem Kostüm „Demonstrant“ auf Twitter: „Während Vampire kein Spiegelbild haben, ist man mit diesem Halloween-Kostüm auf Videos nicht zu sehen“, schreibt das Portal spöttisch.
Während Vampire kein Spiegelbild haben, ist man mit diesem Halloween-Kostüm auf Videos nicht zu sehen. #ebaykleinanzeigen #Kostümtipp pic.twitter.com/3rYVtSKJCS
— eBay Kleinanzeigen (@eBay_KA) 23. August 2018
Andere Nutzer setzen Polizisten den Deutschland-Hut auf, #Pegizei in Reinform:
#Sachsen: Ministerpräsident sagt, der Hashtag #Pegizei sei unverantwortlich. 🤣😂Finde ich auch, geht gar nicht! 🙃🙂😳 #Polizei #Hutbuerger #LKASachsen pic.twitter.com/y2iqEWR8Yf
— crypto (col. h.c.🎗) (@clayzcrypto) 23. August 2018
Und auch Alexander Gauland, Beatrix von Storch und Alice Weidel bekommen ihr Fett weg:
Die #Hutbürger. 24/7 im Wutmodus, äh … Hutmodus. pic.twitter.com/KGmXceMSgt
— Nasir Ahmad (@_nasir_ahmad_) 23. August 2018
Der Karikaturist Alistration landete mit dieser Zeichnung in Sozialen Netzwerken einen echten Volltreffer. In Anspielung auf den Satz „Hören Sie auf, mich zu filmen, Sie begehen eine Straftat“ lässt er den Hutbürger im sächsischen Dialekt rufen: „Höan Sie auf misch zu zeischnen!“.
Ok hab dann aufgehört pic.twitter.com/pRs0xqTjVR
— Alistration 🐌 (@AlisGschmarri) 22. August 2018
Beliebt auch: „Hören Sie auf mich zu twittern“.
Service-Tweet, damit nicht versehentlich jemand die Fresse vom #Hutbürger öffentlich verbreitet. Der mag das nämlich nicht! Also AUF KEINEN FALL RETWEETEN! Auf keinen™ Fall™! pic.twitter.com/mww7SFC8Hx
— Neolix Voigaas (@voigaas) 23. August 2018
Und Jan Böhmermann twittert:
— Jan Böhmermann 🤨🇪🇺 (@janboehm) August 23, 2018
Die SZ Magazin stellt den Mann in einem „gemischten Doppel“ und reichlich Wortspielkunst einem Möbelpacker gegenüber:
#Pegizei pic.twitter.com/LCO0mhEhA4
— SZ Magazin (@szmagazin) August 23, 2018
Für die taz ist der Hut sogar so symbolträchtig, dass er es auf die Titelseite der Zeitung geschafft hat. Dazu die Überschrift: „Der neue sächsische Polizeihelm“.
Die @tazgezwitscher brachte mich heute Morgen zum Schmunzeln #LKASachsen pic.twitter.com/oT3G7Y8psU
— Carly Laurence (@CarlyLaurence) August 24, 2018
Unbekannte Spaßmacher haben auf Twitter indes den Account „LKAsachsen“ eingerichtet und kündigen dort im Namen der Polizei unter anderem rechtliche Schritte gegen Beleidigungen ihres Mitarbeiters an:
Nochmal der Hinweis: Die Bezeichnung unseres Tarifangestellten als „karnevaldeske Kreuzung zwischen Besorgtbürger-Clown und Ballermann-Witzfigur“ erfüllt den Tatbestand einer Schmähkritik und ist nicht von der Presse- und Meinungsfreiheit gedeckt. Wir behalten uns Schritte vor. pic.twitter.com/nbGEb5gq9G
— Landeskriminatsamt Sachsen (@lkasachsen) 23. August 2018
Obwohl der Twitter-Account klar als Satire gekennzeichnet ist, nehmen manche Politiker die Tweets doch für bare Münze:
…verharmlosende „Schmähkritik“. Mir fallen angesichts des Auftritts dieses Tarifangestellten noch ganz andere Attribute ein. Das @lkasachsen will ernst genommen werden?! Dann ist dieser „Hinweis“ wohl eher nicht hilfreich. pic.twitter.com/RPoXC3pWtK
— Petra Sitte (@Petra_Sitte_MdB) 24. August 2018
Laut Netzpolitik hat Twitter das Konto zwischenzeitlich für mehrere Stunden gesperrt. Nun ist der Account aber wieder online und twittert fleißig weiter vom sächsischen Hutbürger:
Pressemitteilung – Zur sofortigen Veröffentlichung bestimmt: Der medial geäußerte Vorwurf, unser Tarifangestellter habe Zugriff auf sensible Daten gehabt, geht insofern ins Leere, als es sich auch um einen sensiblen Mitarbeiter handelt. #LKASachsen
— Landeskriminatsamt Sachsen (@lkasachsen) 24. August 2018
Noch einmal zu der Kritik, wir würden durch die Verbreitung dieses Fotos die Persönlichkeitsrechte unseres Mitarbeiters verletzen. Wir nehmen diese Kritik sehr ernst. Daher haben wir auf Anraten unserer Juristen die Augen für alle zukünftigen Veröffentlichungen nun geschwärzt. pic.twitter.com/ubESIm8x2h
— Landeskriminatsamt Sachsen (@lkasachsen) 24. August 2018
Bei allem Spaß: Unseren verdienten Mitarbeiter als „sonnenbebrillten Pegida-Klops“ und „schnitzelgestopften Buttergolem“ zu bezeichnen, ist justiziabel und wird von uns im Rahmen des begleitenden Rechtsschutzes verfolgt. pic.twitter.com/hh8gN1Pp3i
— Landeskriminatsamt Sachsen (@lkasachsen) 23. August 2018
(rt)