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*Von Jannis Johannmeier*

Wie der Heilige Gral scheint Personal Branding die eine Antwort auf alle Kommunikationsfragen zu sein. Ein paar generische Regeln verfolgen und dann, ganz ohne Journalist±innen, Netzwerk und PR-Expertise zur eigenen Marke – zum Star – werden. Ob Gründer\*in, Mittelstandslenker\*in oder Investor:in – auf LinkedIn, Instagram und Co. kann die eigene Sichtbarkeit hochgeklickt werden. Selbstvermarktung und Persönlichkeitspositionierung auf Knopfdruck. Der Erfolg ist dann auch noch messbar: Views, Likes, Follower, Herzchen. Eine Person als konsistente und glasklare Marke, der Gamechanger. Ich muss hier viele Menschen enttäuschen: Nein, so funktioniert das nicht. Und das meine ich ganz ohne “leider”.

##### Über den Autor

**Jannis Johannmeier** ist Mitgründer und Geschäftsführer der PR-Agentur The Trailblazers mit Sitz in Bielefeld und Berlin. Er ist erfahrener Kommunikations-Experte, der sein journalistisches Werkzeug bei "Bild" gelernt hat. In den letzten Jahren hat er die Kommunikation der Startup-Schmiede Founders Foundation und der Hinterland of Things Conference aufgebaut und verantwortet.

**Neben seiner Tätigkeit** bei den Trailblazers hat er an zwei Hochschulen Lehraufträge für strategische Kommunikation & PR sowie Unternehmensgründung.

##### Menschen sind Menschen und Unternehmen sind Unternehmen

In Workshops und Präsentationen wird jedem und jeder in der Kommunikationswelt (sinnvollerweise) gelehrt, dass Unternehmen *menscheln* sollen. Deshalb gibt es Personas, Archetypen, Brand Decks, Markenmodelle. Es ergibt Sinn, Unternehmen Emotionen und eine (künstliche) Welt rund um Werte und Haltung einzuhauchen, damit sie für ihre Konsument\*innen greifbar werden, in der Masse leuchten. Das schaffen sie mit ihren oft austauschbaren Produkten einfach nicht. Menschen hingegen haben ihr eigenes Licht, ihre eigene Flamme: ihre Persönlichkeit. Jeder Mensch ist einzigartig. Und wo mehr künstliches Licht, dort auch mehr Schatten, sprich: weniger Einzigartigkeit. Unternehmen wollen Menschen werden – und manche Menschen Unternehmen. Ist das nicht absurd?

##### Don't believe the hype

Warum es diesen Hype um Personal Branding gibt? Menschen wollen gesehen werden, für etwas einstehen, sich austauschen, sich inspirieren lassen. Sie sind voller individueller Geschichten, persönlicher Erfahrungen und echter Stärken und Schwächen. Problematisch wird es, wenn man für sich den Weg der perfekten Markeninszenierung entscheidet. Denn die perfekte Persönlichkeit gibt es nicht. Bitte tut nicht so, als wäre es anders! Ein weiteres Problem ist es, wenn es eigentlich nur darum geht, neue Leads einzusammeln, einen neuen Job zu finden oder zu vergeben. Aber das ist das Schöne an Authentizität: Die Menschen auf der anderen Seite spüren sie – und entlarven ziemlich sicher ein aufgesetztes Image. So schnell wie die Follower\*innen da sind, so schnell können sie wieder verschwinden.

##### Authentizität ist die neue Superpower!

Authentizität ist der kommunikative Schlüssel. Dabei kommen ihre Themen aber immer aus ihnen selbst heraus. Oft genug reicht es bereits, Kund\*innen Mut zuzusprechen und sie darin zu bestärken, ihre persönlichen Themen in die Welt zu bringen. Die härteste Challenge für sie ist es, mit sich gnadenlos ehrlich ins Gericht zu gehen: *“Was kann ich gut, was kann ich schlecht?” “Was fasziniert mich?” “Was treibt mich täglich um?” “Was hat mich WIRKLICH zu dem gemacht, der oder die ich heute bin?”* Alleine aus diesen Fragen ergeben sich hunderte Themen und Gedanken. Auf der Suche nach Antworten, kann man die Menschen “da draußen” wunderbar mitnehmen. Auf eine wahrhaftig persönliche Reise, mit all ihren Höhen und Tiefen. Und ja, dafür gibt es nicht nur Applaus! Es ist wie im Privaten auch. Nicht jede:r wird gemocht, doch die Anhänger:innen ergeben sich von allein. Dafür braucht man keine Zielgruppenanalyse.

##### **Google Trends kannst du dir sparen.**

Der völlig falsche Ansatz ist es, nach Trend-Themen zu suchen und zu sagen: *“So, das Thema besetzt du jetzt, da wirst du Expert\*in und zwar für die nächsten drei Jahre. Dann schnappen wir uns das nächste Thema.”* Bullshit! Es geht nicht darum, dass eine Persönlichkeit mit genau einem Thema in Verbindung gebracht wird. So transformieren Menschen zu austauschbaren Rollen. Nachhaltigkeit? Digitale Transformation? New Work? Ja, alles super relevante Themen. Aber sie müssen mit Leben und echtem Interesse besetzt werden. Sonst fällt spätestens nach dem dritten LinkedIn-Post der Vorhang. Ein gutes Beispiel ist Fynn Kliemann. Wer ihm folgt, kommt nie auf die Idee, dass es einen privaten und einen beruflichen Fynn Kliemann gibt. Hätte er Personal Branding im definitorischen Sinne betrieben, wäre er zwei, drei Jahre lang der Heimwerker-King auf YouTube geblieben. *“Musik, Kunst, Events, Klamotten, Agentur... dann bitte erst nach und nach, damit wir dich als Marke weiter ausbauen können…”* Was wäre der Welt Schönes verloren gegangen!  
  
Jetzt fragen Sie: Wie soll das aber mit der Personal Authenticity klappen? Keine Rolle spielen, Fehler zulassen, man selbst sein. Das klingt einfach, ist aber die Königsdisziplin. Am Ende zahlt es sich aus. Denn Menschen lieben das Unperfekte. Die Ecken und Kanten. Das Farbspiel, die Nuancen. Wie hat Herbert Grönemeyer so schön gesungen: "*Und der Mensch heißt Mensch, weil er irrt und weil er kämpft. Und weil er hofft und liebt, weil er mitfühlt und vergibt.*"

Personal Branding ist tot – es lebe Personal Authenticity!